Es gibt Orte voller stiller Magie.
Orte außerhalb der Zeit.
Wie die Chapelle St. Sixte.
Sie ist klein, hat gerade mal Platz für 20-22 Personen.
Im Sommer wird dort noch manchmal am Sonntag
die Messe gelesen.
Im Winter ist sie ständig geschlossen.
Sie liegt verlassen außerhalb Eygalières auf
einem kleinen Hügel.
Er ist steinig und mit etwas Gras und einigen struppigen Sträuchern bewachsen.
Ab und an
sieht man dort einige Touristen,
manche kommen mit ihren Autos oder in Reisebussen
viele kommen mit dem Fahrrad dort hin.
Sie sind oft und gerne laut,
machen Picknick, vergessen ihre Abfälle
und spüren nicht
im geringsten den Zauber dieses
Ortes.
Für sie ist es einfach nur ein pittoresker Platz. In der Sonne.
Man vermutet,
dass die Chapelle St. Sixte im 12. Jahrhundert über einem antiken Heiligtum errichtet wurde,
Gerüchteweise
war sie während des 2. Weltkrieges
unter Jean Moulin
ein Treffpunkt der Resistance,
Dies ist aber,
soweit ich weiß, nie offiziell bestätigt worden,
und ich habe auch keine
offiziellen Unterlagen darüber gefunden.
Erzählt hat mir diese Geschichte
in einem Urlaub vor einigen Jahren,ein älter Herr,
der durchaus ein Zeitzeuge gewesen sein kann.
Aber egal, ob es nun stimmt oder nicht,
für mich war und ist die Chapelle immer
ein besonderer Platz gewesen.
Ich genieße die Spaziergänge dort hin immer sehr.
Bei uns links raus aus dem Haus,
dann vorbei an der Bastide d'Eygalières,
einem schönen familiären Hotel
mit einem tollen Restaurant.
Weiter geht es dann erst einmal gerade aus,
an vielen großen Anwesen vorbei,
die man nur erahnen kann.
Man sieht große Eisentore, lange Auffahrten
beschattet von Zypressen.
Die Anwesen und die Tore werden größer,
die Alarmanlagen blinken mit ihrem roten Licht,
der Weg wird immer schlechter.
So hält man neugierige Touristen fern.
Oleander und Lavendel wachsen an den Seiten des Weges.
Es geht noch ein Stück in Richtung des Ortes
und dann biegt man rechts ab.
Zwischen den Häusern, die neugierig machen,
so neugierig,
dass man am liebsten mal eben kurz anklopfen möchte,
um sie sich in aller Ruhe
anzusehen,
oder dort eine Stunde
auf der Terrasse zu verbringen,
liegt ab und an ein
wunderschöner Olivenhain,.
Die silbrigen Blätter flimmern in der Sonne.
Doch auch in dieser Idylle gibt es
Umweltsünden.,
schrecken so manche nicht
davor zurück,
diese wunderbare Gegend zu verschandeln.
Manchmal findet man sogar Bauschutt oder
in der Garrigue versteckt
ein rostiges Auto.
Man folgt dem Weg weiter und weiter.
Es riecht nach Lavendel, der Garrigue und
heißer staubiger Erde.
Irgendwo hinter einem Tor bellt ein Hund,
spielt ein Radio,
hört man Kinder in einem Pool planschen.
Zwischen der Garrigue und den Zypressenhecken murmelt das Wasser eines Bewässerungsgrabens.
Ab und an muß man einem Land Rover
oder dicken Mercedes ausweichen,
die Fenster runtergekurbelt,
mit lauter Musik
und dröhnenden Bässen,
der Fahrer hat den Ellbogen ins Freie gestreckt,
die Ray Ban im Gesicht und eine Baseballkappe
auf dem Kopf.
Fußgänger erwartet man nicht auf diesem Weg.,
also schnell ab in den Graben.
Besser ist das!
Man begegnet recht rüden
Fahrradfahren,
die mit hochroten Köpfen vorgeben,
für die Tour de France zu trainieren
und kurz vor einem Hitzekollaps stehen.
Man plaudert kurz mit einer Katze,
die mitten auf dem Weg in der Sonne liegt
und keinen Zentimeter zur Seite weicht.
Doch all dies stört nicht wirklich.
Der Weg strahlt dennoch Ruhe und Geheimnis aus.
Er läd ein,
tiefgründige Gespräche zu führen
oder sich tief
in die Natur zu versenken.
Der Weg windet und schlängelt sich
über einige Kilometer,
nach jeder Biegung hofft man,
die Chapelle St, Sixte
nun endlich zu sehen.
Und dann,
wenn man fast entmutigt ist,
anfängt zu überlegen,
ob man eine Abzweigung übersehen hat,
der Weg wohl niemals mehr endet,
dann öffnet sich der Weg,
man schaut ins Weite,
ins Licht,
in den leuchtend blauen, fast grellen Himmel,,
ein Blau,, das fast schon künstlich wirkt in seiner
Vollkommenheit.
Man schaut auf den Mas du Pastre, den Mas de Brune,
und die Route Jean Moulin,
die von Eygalières nach Orgon führt.
Und davor,
direkt vor unseren Augen liegt sie,
eine kleine romanische Kapelle.,
die in Frankreich seit einigen Jahren
zu den
historischen Gebäuden zählt..
Ein Platz voller Geschichte, voller gelebter Leben.
Sie wirkt
verwittert und verlassen,
wie sie dort auf dem kargen Hügel liegt,
die Steine mit der Zeit von der Sonne ausgebleicht,
schlicht und unscheinbar,
doch wenn man langsam Näher kommt,
kann man spüren,
dass eine unglaubliche Energie
über diesem Ort liegt.
Pure Magie!
Ich setzte
mich gerne auf die warmen Steine
und beobachte
die Menschen und die Natur um mich herum.
Ich stelle mir vor,
wie die letzten Jahrhunderte an diesem Ort gewesen sein müssen.
Wie die Zeit hier vorbeiging.
Was diese Steine gesehen haben mögen.
Und ich,
ich möchte so gerne glauben,
dass diese Magie, diese spürbare Energie,
dass dies der Geist des Widerstandes
gegen den Faschismus ist, der hier immer noch lebt
und von dieser Kapelle aus
in die Welt getragen wird.