Hinweis: Dieser Bericht einer Wohnmobilreise wurde geschrieben und mit Bildern versehen von dem Gastschreiber Peter Hasel.
Karte der WOMO-Tour mit den angesteuerten Orten, beginnend und endend in Hagenau im Elsass.
22.09.2014
Brest (22) ist von hier aus schnell erreicht. Die Stadt bietet touristisch wenig. Einzig das Oceanopolis hätte mich sehr interessiert. Gähnend leere Parkplätze. Ab September ist Montags geschlossen! Und heute ist Montag. Sch…ade!
Es soll Europas größtes Aquarium sein. Dann eben weiter über die Pont de L´Iroise und rechts ab auf die Halbinsel Crozon. In Lanveoc (23) zwischen Hafen und der Nautic Basis sind schöne Rastplätze mit Blick.
Auf Brest gegenüber, einschließlich der ehemaligen „unkaputtbaren“ U-Bootbunker, die jetzt von der französischen Marine benutzt werden für deren Atom-U- Boote. Ein sehr schönes Sträßchen führt bis zur Landspitze Pointe de Espagnol (24). Dort sind weitere Bunker, zum Teil uralt aus Vauban´s Zeiten, aber auch deutsche Stellungen. Wir stellen uns ganz allein auf einen Schotterplatz direkt neben dem Vauban-Bauwerk, etwas östlich vom großen Parkplatz. Man kann hier lange herumstöbern und entdeckt viele interessante Gebäude und Gänge. Der Ausblick auf Brest und über die gesamte Rade ist einmalig.
Weiter an der Westküste mit immer wieder beeindruckenden Aussichten. Links sehen wir ein altes Gebäude im Gestrüpp, das sich als napoleonische Artillerie-Festung herausstellt. Hundert Meter weiter rechts ein leerer Parkplatz über der Steilküste. Später kommen wir dahinter, dass es wohl die Zentrale für ein riesiges Festungssystem war, das sich kilometerweit oben an der Steilküste und auch unten am Meer hinzieht. Die unterirdischen Kasematten, Lager und Gänge sind meist zugemauert oder vergittert. Nur beim Basse Fort unten am Meer kann man in die Stollen und Keller hinein und kann die raffinierte Konstruktion mit Stollen für die Versorgung vom Meer aus erkunden. (Auch Fundamente in der Steilwand für Rutschen für die Versorgung von oben?). Das System heißt Fort Cornuailles (25), der gleiche Wortursprung wie Cornwall. Die ursprünglichen Bewohner dieser Gegend kamen von dort.
N 48° 19.670´ E 04° 33.238´
Die deutschen Bunker, die sich der gleichen strategisch bedeutsamen Punkte bedienten, sind nicht mehr zugänglich, außer einem kleinen. Anfangs standen wir hier ganz allein, wollten auch übernachten. Dann kamen noch drei Autos dazu. Zwei deutsche davon hatten keine Hemmungen sich auch noch direkt auf den Wanderweg zu stellen. Ich kann nur den Kopf schütteln!
23.09.2014
Ich bin heute spät aufgestanden und habe ein ungeplant langes Morgen-Gassi gen Süden gemacht. Es kann süchtig machen: Ständig entdeckt man neue Bauwerke, Gräben; Schächte oder Keller und stöbert immer weiter! Die Landschaft hier ist zwar karg, aber wunderschön mit Heidepflanzen, Stachelginster und anderem Stachelzeugs bewachsen. Der Wanderweg bietet Unmengen von bombastischen Aussichtspunkten, man kann immer wieder staunen!
Die Weiterfahrt nach Camaret ist auch sehr abwechslungsreich durch sehr schöne Landschaft und immer wieder tollen Ausblicken. Vor Camaret rechts ist das Alignement de Lagatjar (27). Man kann ohne Einschränkungen zwischen den Dolmen herumgehen. Direkt gegenüber liegt der offizielle Wohnmobil-Stellplatz mit V+E gegen Gebühr, trotz Nachsaison rappelvoll mit mindestens hundert Stück „Weißware“ und viel Nestwärme durch Enge.
Westlich vom Alignement sieht man eine skurile Ruine mit Türmen. Wir gehen hin. Es handelt sich um die ehemalige Villa von Saint-Pol-Roux (28), einem Schriftsteller der 1940 verstarb. Er hatte ganz allein den überwältigenden Ausblick auf die riesige Bucht mit schönen Sandstränden. Einfach großartig!
Nachfolgend Bilder von Villa Saint-Pol-Roux auf die Plage de Pen Hat (29)
Links und rechts der Bucht wie überall hier wieder die Hinterlassenschaften der Soldäter von Vauban bis Todt und Rommel. Zur Atlantikschlacht und -wall gibt´s ein Stück weiter auch ein Museum. Dann die Pointe de Penhir (30) mit Ausblicken in drei Richtungen und 70 m nach unten auf die Gischt. Wegen dem Rummel hier fand ich die vorangegangenen Ausblicke aber schöner.
Bilder vom Pointe de Penhir
Wieder eine sehr schöne Strecke zurück nach Crozon (31), dann rechts auf Nebenstrecken zur Küste, über Postolonnec und über den Arber nach Le Veniec (32). Direkt nach dem Damm über den Arber ist links ein alter Kalkofen mit Rasenplätzen davor. Wir verbringen hier ruhig den Rest des Tages und die Nacht.
Man kann hier gut beobachten mit welcher Macht die Gezeiten durch den Durchlass im Damm ins Vogelschutzgebiet rein- und rausströmen.
24.09.
An der Küste entlang über Rostegoff, St. Nic und dann über Plomodiern (33) und Plonèvez-Porzay nach Locronan (34), ein „Must“ und absolutes Highlight der Bretagne für mich! Ein wunderschönes Städtchen, im Kern noch original Mittelalter. Keine Bausünden, keine Fernsehantennen oder oberirdische Stromleitungen, nur schön!
Auch die Fahrt vor zu den Kaps, Pointe de Van (35) und Raz (36) war auch sehr schön. Bei den Pointen haben wir aber wegen Rummel auch auf eine Besichtigung verzichtet, sind dafür lange unten an der Baie des Trespasses gestanden und haben den Surf-Schülern zugeschaut.
Auch die Aussichten unterliegen leider einer gewissen „Inflation“!
Nachfolgend die Übernachtung etwas südöstlich von Pors-Poulhan (37) direkt am Meer beim Menhir de droite
25.09.2014
Eine weitere sehr sehenswerte und schöne Stadt ist Quimper (38). Es hat mich durch den
Anblick der Kathedrale über den Fluß hinweg auf Anhieb etwas an Straßburg erinnert.
Wir haben an dem Fluss Odet geparkt, südlich von der Kathedrale. Links und rechts vom eingefassten Fluss sind sehr gepflegte Anlagen, Blumen-kästen und -kübel. Alle ca. 30 oder 40 Meter Fußgänger-brücken über den Fluß, ebenfalls mit viel Blütenpracht am Geländer. Die Innenstadt ist auch sehr gut erhalten und schön. Die Kathedrale wird gerade renoviert, ist nur sehr eingeschränkt zu besichtigen.
Die (neue) Markthalle ist sehenswert.
Ü bei Arradon auf einem Picknickplatz.
26.09.2014
Nächster Halt Concarneau (39). Hier ist die komplett erhaltene, von einer mächtigen Mauer umgebene Altstadt auf einer Insel sehr sehenswert.
Mehr Bilder und Informationen findet Ihr Hier auf der Seite von Concarneau
Anschließend durch Pont Aven (verbunden mit Gaugin), vorbei an Lorient nach Vannes (40).
Carnac und Quiberon lassen wir diesmal aus, das kennen wir schon und die Zeit drängt etwas, da wir mit unserer Haus-, Garten- und Tierbetreuerin einen festen Rückkehrtermin vereinbart hatten.
Vannes, wieder eine fantastisch erhaltene Altstadt, putzig die Fachwerkhäuschen vor den Toren, gediegen und vornehm die prächtigen Bauten innerhalb der Stadtmauern.
Weiter auf der N 165 bis La Roche Bernard (41), dann rechts ab über Piriac nach Guérande (42), einer alten Stadt, die einst durch´s Salz reich geworden war. Die Altstadt mit Mauer und Toren ist komplett erhalten. Eine Rue de Dinkelsbühl erinnert an die „jumelage“ mit dieser deutschen Stadt.
27.09.2014
…….. und sind am nächsten Morgen so gleich bei den Salinen, fahren quer durch sie hindurch nach Batz-sur-mer (43).
Die Strandgegend hier ist mondän und total überlaufen. Interessant ist eigentlich nur das sog. „Blockhaus“, ein riesiger ehemaliger Wehrmachtsbunker zur Feuerleitung der Artillerie, der so gut als Hotel getarnt war, dass er bis Kriegsende nicht von den Alliierten entdeckt wurde. Die Besatzung hat irgendwann nach Kriegsende in der Bretagne dann formell kapituliert. Ihre eingelagerte Verpflegung hätte angeblich noch für zwei Jahre gereicht!
Heute ist es ein hochinteressantes Museum drin, mit wirklich vielen Originalteilen und deutschen Aufschriften im Gebäude. Es sind Szenen durch lebensgroße Puppen nachgestellt und auch ein Film wird gezeigt. Alles sehr gut gemacht, sehenswert, informativ und sachlich neutral. Sehr empfehlenswert!
Ich wollte unbedingt auch noch die La Grande Briere (44) sehen da sie ein ganz anderes Landschaftsbild und anderen Baustil hat als die „gewöhnliche“ Bretagne.
Auf der Ile de Fedrun (45) besichtigen wir zu Fuß den ganzen Ort mit seinen reetgedeckten Häusern und lassen uns dann in einem Boot durch die Kanäle stochern. Diese Kanäle, vermutlich durch früheren Torfabbau entstanden, sind meist enorm breit, ganz anders als z.B. die in der Picardie oder gar die im Spreewald.
Wald gibt es hier auch keinen, nur ein endloses Schilfmeer. Obwohl es ein Parc naturel regional ist, sind kaum Tiere zu hören oder gar zu sehen. In mehr als einer Stunde gerade mal zwei Enten, zwei Reiher, eine Gans und ein Bussard.
Absolute meditative Ruhe!
Unser Bootsmann will uns nach der Rückkehr noch etwas zeigen. In einem Schuppen hat er all seine Ausrüstung penibel ordentlich aufbewahrt: Jede Menge verschiedene Reusen, Netze, Bojen, Angeln, Krane für die quadratischen Senknetze, Harpunen, Gewehre, Schrotflinten, Tellereisen, etc.
Die ganze Gegend hier ist Gemeinschaftseigentum und alle Bewohner zahlen einen gewissen Beitrag, dürfen dafür jagen und die Sümpfe nutzen. Jede Familie hat ein extra Zeichen mit dem ihre halbwild lebenden Enten und Gänse markiert werden. Dazu werden Ihnen die Krallen unterschiedlich abgezwickt und die Schwimmhäute durch unterschiedliche Messerritzungen markiert. All diese „Hauszeichen“ sind in einer großen Tabelle festgehalten die überall ausliegt und die auch jeder hat.
Dann lotst er uns noch in seinen „Tempel“. Ein riesiger Raum der im Dachgeschoß aufwändig ausgebaut ist, mindestens 10 m lang und 8 m breit. Mittendrin eine protzige Leder-Garnitur. Und hier sind rundum all die draußen erwarteten Tiere versammelt, allerdings nur noch als Mumien! Es sind hier Wildschweine, Füchse, Bisame, Dachse, etliche Fischotter, Marder, Wiesel, Hermeline, eine Ginsterkatze, Eichhörnchen, ein Kuckuck, fast alle Greifvogelarten, viele Eulen und Käuze, Raben, Kiebitze, Wiedehopfe, Elstern, Würger, Eisvögel, alle Enten, Haubentaucher, Kormorane, Rallen, Schwäne, Gänse, Fasane, alle Spechte, Tauben, alle Drosseln, Wachteln, Reb- und Steinhühner, Vögel bis runter zum Rotkehlchen. Sogar ein Flamingo und ein Kronenkranich sind dabei!
Einen Alligator hatte er in Guyana geschossen.
Unvorstellbar, aber sicher nicht die einzige solcher Sammlungen hier in den Orten. Die „Jäger“ hier knallen wirklich alles ab was kreucht und fleucht, nur so zum Spaß und um Trophäen zu sammeln.
Es ist ein Graus und einfach nur zum Kotzen. Solche Kerle gehören in den Knast! Ich schäme mich dafür, dass ich die Klappe halte, bin hier halt nur als Gast.
Es ist spät geworden und wir bleiben über Nacht auf dem Picknickplatz dort stehen
28.09.2014
An diesem Tag beginnt die wirkliche Rückreise. Unterwegs möchte ich mir nur noch Vitre (46) anschauen, ansonsten geht´s strikt heimwärts.
Von Vitre über Laval (47), Alencon, bis kurz vor Mayenne 48). Dort südlich am Fluß Mayenne haben wir einen ruhigen Ü-Platz am Ufer gefunden.
29.09.2014
Dann weiter über Dreux (49) und wieder mitten durch Paris, haarscharf vor dem einsetzenden Feierabend- Verkehr. Kurz danach nördlich Rozay-en-Brie (50) einen Ü-Platz am Waldrand gefunden.
Die N4 weiter über Sezanne, Vitry-le-Francois (51), St. Dizier, Void-Vacon (52), dann rechts raus ins Tal der Meuse und kurz danach bei der Chapelle Massey (53) einen wunderschönen ruhigen Rastplatz entdeckt, wäre auch sehr gut zum Übernachten geeignet!.
Ab Toul wollte ich ins Moseltal. Das war aber ein Flop, man kommt nie an den Fluß dran! In der Karte sah das viel besser aus.
Vorbei an Nancy (54), Sarrebourg, durch Saverne (55) über Brumath (56) nach Hagenau und wieder heim. Alles wieder mautfrei aber auf sehr guten Straßen.
Km - Stand 301 918, gefahrene Km: 3 230 Durchschnittsverbrauch ca. 14 l/100 Km
Info-Unterlagen waren mir eine sehr alte Ausgabe des Buches vom Wohnmobil-Verlag, der aktuelle und äußerst ausführliche Reiseführer vom Müller-Verlag, eigene Internet-Recherchen, der Michelin-Straßenatlas 1:200 000, die OSM-Karte France von Kowoma im Garmin-Etrex.
Die Bretagne ist touristisch wesentlich mehr frequentiert als ich erwartet hatte, es gibt einfach zuviele Sehenswürdigkeiten. Selbst jetzt in der Nachsaison sind solche Massen von Wohnmobilen unterwegs, dass einem der Spaß daran vergehen kann!
Das Wetter war überraschend gut und warm, nur einmal etwas Nebel und Regen. Auch die Wassertemperaturen sind dank Golfstrom erstaunlich hoch.
Die meist karge Landschaft ist besonders an der Nordküste heillos zersiedelt durch Unmengen von Ferienhäusern, erkenntlich an den geschlossenen Fensterläden und -rollos.
Es gibt wie fast überall in Frankreich eine sehr enge Infrastruktur für Wohnmobile, d.h. offizielle Wohnmobil-Stellplätze mit Ver- und Entsorgung. Sehr oft kostenlos, ansonsten aber immer preisgünstig. Ohne diese Plätze wäre der „Tsunami“ an Wohnmobilen für die Orte und Einwohner auch gar nicht verkraftbar, das muss man realistisch sehen.
Die Straßen in Frankreich sind vorbildlich gebaut und penibelst unterhalten, konsequent mit Kreiseln geregelt, höchst selten mal durch eine Ampelregelung.
Die kommunalen Grünanlagen sind fast immer auch sehr schön gestaltet und gepflegt. Mülleimer und Papierkörbe werden täglich geleert und herumliegender Müll aufgeräumt .Fast überall gibt es in der Nähe kostenlose saubere WC-Anlagen.
All das gab es in Deutschland auch mal bis es dem sog. Sparzwang zum Opfer fiel.
Die Franzosen machen inzwischen auch Mülltrennung und der landet auch dort wo er hin soll, fliegt nicht am Straßenrand oder in der Landschaft herum.
Ein sehr extrem vielseitiges und vorbildliches Land mit höflichen und freundlichen Menschen!
Die erste Reise seit 11 Jahren ohne den guten Cappa der leider am 13.08.2014 eingeschläfert werden musste!